390-jähriges Jubiläum der
Gründung der Italienischen Kongregation

 

Lange Nacht der Kirchen 2015
in der Minoritenkirche



1625-2015 / 390 Jahre Italienische Kongregation

Meditation

für die "Lange Nacht der Kirchen" am 29. Mai 2015

Verfasser: Mag. Borioni / Dr. Zips
Übersetzung: Mag. Florian Plappert

Rollen:

Erzähler  (Mag. Giacomo Borioni),
Rezitator  (Christiane Zips)

Musik:
Mario Eritreo (Harmonium) & Yuliya Lebedenko (Violine)


 

Musik: Gabriel's Oboe
 

Meditationen:

  Antonius von Padua (2009)
 
Giordano da Giano (2009)
 
Jacopone von Todi (2009)
 
Franziskus (2010)
 
Coelestin V. (2011)
 
Westportal (2011)
 
Ludwig von Toulouse (2012)
 
Heilige der Kongregation (2013)
 
Heilige Cäcilie (2014)
 
790 Jahre Minoriten (2014)
  230 Jahre Maria Schnee (2014)
  Klemens M. Hofbauer (2014)
 
Katharinenkapelle (2015)
  390 Jahre It. Kongregation (2015)
 
Frauen im Banne der Minoritenkirche (2016)
 
Eine Liebeserklärung in Stein (2016)
   Franziskus v. Assisi (2018)


 L.N.K. in der Minoritenkirche


 



Emblem des Jesuitenordens

 



Kirche des Jesuitenkollegs in Trier
Bild: Berthold Werner, cc-by-sa 3.0, 2.5, 2.0, 1.0

Erzähler: Im Jahr 2014 gedachten wir insbesondere der 230jährigen Wiederkehr des Jubiläums der Schenkung der ehemaligen Minoritenkirche an die Italienische Kongregation. Aber auch das heurige Jahr gibt uns Anlass zur Feier eines persönlichen Jubiläums, nämlich der Gründung der wohl traditionsreichsten Vereinigung der Italiener in Wien, unserer Congregazione Italiana, welches sich den wichtigen Wiener Jubiläen (650 Jahre Universität Wien, 200 Jahre Wiener Kongress, 150 Jahre Wiener Ringstraße) sowie dem nicht nur für Italien bedeutenden 750. Geburtstag des großen toskanischen Dichters Dante Alighieri an die Seite stellt; das letztgenannte Ereignis wollen wir ebenfalls Anfang Oktober mit einer kleinen Präsentation von Graphiken zur Göttlichen Komödie würdigen.

Die Italienische Gemeinschaft in Wien wurde der Überlieferung nach am 5. August 1625 von Pater Guglielmo Lamormaini SJ im Schoß der Gesellschaft Jesu gegründet. Es war ein stiller Anfang, denn ihr eigentliches religiöses Leben begann sich erst 1626 zu entfalten, weshalb wir speziell im kommenden Jahr den Blick auf die tatsächliche Entstehung der Congregazione Italiana richten wollen.

Wilhelm Lamormaini, Sohn des Landwirtes Everard Germain wurde am 29. Dezember 1570 in La Moire Mannie bei Dochamps im heutigen Belgien geboren. - Sein Name, Lamormaini, leitet sich von der Bezeichnung dieser Ortschaft ab. Er besuchte das Jesuitenkolleg in Trier und studierte in Prag. 1590 trat er den Jesuiten bei und wurde 1596 in Pressburg zum Priester geweiht. Er wirkte als Hochschulprofessor an der Grazer Jesuitenuniversität, wo er auch eine Zeit lang Rektor war, bevor er kurzzeitig nach Rom übersiedelte. Er war auch mehrfach Rektor des Wiener Jesuitenkollegs und ab 1643 bestimmte man ihn zum Oberen der österreichischen Ordensprovinz der Jesuiten. Bedeutenden Einfluss – v.a. im Sinne der Gegenreformation - übte Lamormaini als Beichtvater Kaiser Ferdinands II. von 1624 bis 1637 aus, dem er seit seiner Zeit in Graz freundschaftlich verbunden war, wobei es ihm aber besonders um die Einheit der katholischen Staaten ging. Er verstarb am 22. Februar 1648 in Wien.
 


Pater Wilhelm Lamormaini SJ. (1570-1648)



Kaiser Ferdinand II. (1578-1637)


Ansicht des Platzes Am Hof in Wien mit der Mariensäule, Kupferstich von Johann August Corvinus,
nach Salomon Kleiner, 1724


Alte Universität und Jesuitenkirche, Salomon Kleiner, 1724 Academisches Collegium (a) und Collaltisches Gebäude (b)


Platz Am Hof, Jesuitisches Profess-Haus und Kirche,
nach dem Plan von W. A. Steinhausen um 1710

Die "Welsche Kapelle" der Italienischen Kongregation war dreischiffig, hatte einen Hochaltar und vier Seitenaltäre:
- für den hl. Rochus, - für den hl. Julius von Rom,
- für den hl. Antonius v. Padua und - für den hl. Ludwig v. Toulouse (
Info)

Die von Lamormaini in der Tradition jesuitisch marianischer Kongregationen begründete Vereinigung italienischer Katholiken in Wien war von Anfang an im heute nicht mehr erhaltenen Professhaus der Jesuiten angesiedelt, der Unterkunft für Priester und Missionare des Ordens, gleich neben der alten Jesuitenkirche, der heutigen Kirche am Hof - also zwischen dem Stadtteil Am Hof, Bognergasse und Seitzergasse. Die Kongregation besaß im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens allerdings keinen eigenen Andachtsraum. Jener Bau war nach einem verheerenden Brand von 1607, welcher die dortige Kirche, die Schule sowie das Kolleg zerstört hatte, gerade erst wiedererrichtet und 1625, also im Gründungsjahr der Kongregation, vollendet worden. Anläßlich der damit verbundenen Neukonzeption der Anlage wurde das Kollegium der Jesuiten vom Platz Am Hof verlegt und in den zwischen 1623 und 1625 errichteten Neubau der Universität Wien übersiedelt, heute als Alte Universität bezeichnet, wo der Jesuitenorden die theologischen und philosophischen Lehrstühle der Universität Wien übernahm und wo Lamormaini als wichtiger akademischer Reformer tätig war. Im Zuge dieser Umstrukturierungen entstand übrigens auch die prächtige Wiener Jesuitenkirche, die alte Universitätskirche, die schließlich ab 1703 durch Andrea Pozzo ihr heutiges Aussehen erhielt. Sie ist die erste sowohl dem hl. Ignatius von Loyola als auch dem hl. Franz Xaver geweihte Kirche weltweit.

Erst im Jahre 1635, also zehn Jahre nach ihrer Gründung, bekam die italienische Kongregation einen eigenen Andachtsraum: Dieses in jenem Jahre fertiggestellte Oratorium - von den Wienern aufgrund ihrer italienischsprachigen Nutzer gerne als „Welsche Kapelle“ bezeichnet (Info), befand sich im jesuitischen Professhaus an der Ecke Bognergasse/Seitzergasse. Sie war dreischiffig und man betrat sie vom Kloster aus, wobei der Zugang zur Kapelle nahe dem Eingang des Professhauses lag, der sich in der Seitzergasse befand. Wie bereits in unserem Kunstführer zur Minoritenkirche betont wurde, errichteten die Kongregaten im Jahre 1697 mit Einwilligung des Erzbischofs von Wien, aber gegen den Willen der Patres, ein ob seiner architektonischen Schönheit vielfach bewundertes Portal zur Straße hin.

Der Titel der Italienischen Kongregation und ihrer Kapelle lautete damals „Congregazione della Presentazione e di San Rocco“, bezog sich also auf den hl. Rochus und auf das Fest der Darstellung Mariens (Mariä Tempelgang bzw. Mariä Opferung), heute auch als Maria unsere liebe Frau in Jerusalem bekannt, welches am 21. November begangen wird. Diese doppelte Widmung ist auf dem Titelblatt unseres Libro d’Oro (Info / Info), dem Mitgliederverzeichnis der Kongregation, klar ersichtlich. - Der darauf abgebildete Hochaltar mit einem Gemälde, welches das Motiv Mariä Tempelgang gemeinsam mit dem hl. Rochus darstellt (Detail), wurde möglicherweise dem Altar der damaligen Kapelle der Italiener nachempfunden.
 


Platz Am Hof, Jesuitisches Profess-Haus und Kirche, Detail aus dem Wien-Plan von Werner Arnold Steinhausen, 1710


Alte Universität / Jesuitisches Kolleg und Kirche, Detail aus dem Wien-Plan von W. A. Steinhausen um 1710


Titelblatt des Libro d'Oro mit Hochaltar
(Detail des Hochaltargemäldes)

Die Inschrift am Altartuch erinnert an die Einrichtung der italienischen Kapelle 1635 unter dem Titel "Santa Maria Presentata" - Darstellung Mariens - und an das 1672 erneuerten Patrozinium des
hl. Rochus
 


Goswin Nickl SJ. (1582-1664)


Ikone Salus Populi Romani
(Maria Schnee)


Maria Schnee
von Ignaz Unterberger

Diese Widmung blieb allerdings nur wenige Jahrzehnte aufrecht. Am 31. Mai 1661 erhielt die Italienische Kongregation durch den Ordensgeneral Goswin Nickel und auf Bitten des damaligen Präfekten der Italienischen Kongregation einen neuen Titel; sie wurde der unbefleckten Empfängnis Mariens und dem hl. Rochus geweiht. Grundlage dieser Entscheidung waren die päpstlichen Erlässe, welche Gregor XIII. und Sixtus V. den marianischen Kongregationen der Jesuiten zugestanden hatten.

Papst Alexander VII. veröffentlichte übrigens im selben Jahr die Apostolische Konstitution Sollicitudo omnium ecclesiarum, mit der er die innerkirchliche Diskussion um die Unbefleckte Empfängnis Mariens anstieß. Somit bezog die Kongregation schon früh Stellung für diesen erst später durch Pius IX. 1854 als Dogma verkündeten Glaubenssatz.

Im Jahre 1755, also fast hundert Jahre später, nach Aufstellung einer um 1400’ entstandenen Kopie der Ikone Salus Populi Romani, des Gnadenbildes aus der Santa Maria Maggiore in Rom, auch bekannt als Madonna della Neve, erhielt unsere Vereinigung ihren auch heute noch gültigen Titel: Maria Schnee. Damit knüpfte die italienische Kongregation wohl an das Vorbild des 1595 von Pater Jakob Rem S.J. (Bild) in Ingolstadt gegründeten Colloquium Marianum an, in welchem eine Kopie besagter Gnadenikone Maria Salus Populi Romani verehrt wurde.

Nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 durch Papst Clemens XIV. und der dadurch bedingten Neupositionierung der Italienischen Kongregation als selbständige Körperschaft wurde zunächst 1775 - durch Vermittlung Maria Theresias - die ehemalige Katharinenkapelle und schließlich 1784 - durch Intervention ihres Sohnes Kaiser Joseph II. - die ehemalige Minoritenkirche zum Sitz unserer Vereinigung. Der Titel Maria Schnee blieb dabei erhalten.

An dieses Gnadenbild erinnert auch heute noch das prächtige Hochaltargemälde (Bild) unserer Kirche, das 1785 von Ignaz Unterberger gemalt wurde sowie das Siegel der Italienischen Kongregation.
Neben der Gottesmutter und dem heiligen Rochus, die im Titel der Vereinigung explizit Würdigung fanden, verehrte die Kongregation in ihrer 390jährige Geschichte auch noch weitere Heilige. Eine ausführliche Behandlung bietet unsere von Dr. Zips verfasste Betrachtung zu den Heiligen der italienischen Nationalkirche Maria Schnee, die bei der Langen Nacht 2013 rezitiert wurde und online in unserem Internetauftritt nachzulesen ist.


Hören wir nun Auszüge aus der Bulle vom 31. Mai 1661, die anlässlich der Einweihung der ehemaligen Katharinenkapelle als Kirche der Italienischen Kongregation 1775 im „Welschen Jahrbuch“ (Info) neu abgedruckt wurde und deren Wortlaut zum Teil auf eine Vorlage von Claudius Aquaviva SJ aus dem 16. Jh. zurückgeht.
Der lateinische Text ist von Mag. Florian Plappert dankenswerterweise für uns übersetzt worden:


 


Papst Alexander VII. (1667)


Immaculata Conceptio


Siegel der Ital. Kongregation


Hochaltargemälde
der heutigen Minoritenkirche


Lesung: Mag. Borioni







Kirchen Il Gesù / Santa Annunziata in Rom,
Stiche von Girolamo Francino

Rezitator:

Goswin Nickel, General der Gesellschaft Jesu, grüßt jeden und alle,
die im Begriff sind, unser vorliegendes Schreiben anzusehen, durch den,
der unser wahres Heil ist.


Nicht nur die Theorie, sondern auch die praktische Erfahrung zeigt immer, dass Gemeinschaften frommer Menschen, besonders diejenigen, die unter dem Schutz der Allerheiligsten Jungfrau Maria eingerichtet wurden, die große Kraft besitzen, Frömmigkeit zu mehren; erstens wegen des außerordentlichen und festen Schutzes der Mutter Gottes selbst, zweitens wegen der für sie typischen Ausübung der tugendhaften Gottesverehrung, die bei ihnen normalerweise stattfindet; schließlich wegen des gegenseitigen Vorbildes, das ja normalerweise sehr wirksam ist, die Gemüter der Menschen in jede Richtung sanft und angenehm zu bewegen.

Als dem in freudvoller Erinnerung stehenden Papst Gregor XIII. von P. Claudius Aquaviva, seligen Andenkens, unser Vorgänger im Amt, dargelegt wurde, dass in Rom, im Kollegium unserer Gesellschaft schon vor langer Zeit unter der Bezeichnung „Maria Annunziata“ ein Bildungswerk gegründet worden sei, an der sich die Jugend ein Beispiel genommen habe, und dass es sich demnach zu lohnen scheine, ein so frommes Werk durch die päpstliche Autorität zu stärken, beliebte es diesem Papst Gregor XIII., die Ehre Gottes zu vergrößern und deshalb in dieser Angelegenheit den Forderungen unseres Vorgängers zuzustimmen. Dies bekräftigte er in einem apostolischen Schreiben (Bulle) vom 5. Dezember 1584.

 

 

 

 

 

 

 


Claudius Aquaviva SJ. (1543-1625)




Papst Sixtus V. (†1590)

Zunächst also errichtete und organisierte er in unserem Kollegium in Rom die Erzkongregation aus unseren Gelehrten, bzw. auch aus anderen Gläubigen, unter der Bezeichnung der „Heiligen Jungfrau Maria Annunziata“ durch apostolische Autorität; er ließ ihr verschiedene Vergünstigungen und Privilegien aus Kirchenmitteln zukommen. Dann räumte er dem Vorgesetzten oder General die Befugnis ein, in unserer Gesellschaft weitere Kollegien unter derselben Bezeichnung der „Heiligen Jungfrau Maria Annunziata“ und unter gleichen Bedingungen zu errichten.

Papst Sixtus V.  erweiterte und trug Sorge für das Zugeständnis des Papstes Gregor, seines Vorgängers, in dieser Art und Weise, dass wir unter dem Titel der Beata Maria Virgo Annunziata, wie unter einem anderen beliebigen Titel oder einer anderen Bezeichnung, an jeder Stelle unserer Gemeinschaft, in jeder Kirche, in den Häusern oder Kollegien sowie auch in den Seminaren durch apostolische Autorität entsprechende Bruderschaften errichten und verwalten können.



Papst Gregor XIII. (1585)



Darstellung Mariens & Hl. Rochus
Detail aus der Titelseite des Libro d'Oro
 

Deshalb haben die in Christus geschätzten Herrn Präfekten und Beistände der Kongregation, die sich in der „Domus professa“ unserer Gemeinschaft in Wien befindet, unter dem Titel  „Der Darstellung der hl. Jungfrau Maria und des hl. Rochus“, einst von unseren Vorgängern errichtet, von uns erbeten, dass wir den Titel ändern mögen in „Unbefleckte Empfängnis und des hl. Rochus“ und soweit nötig, von neuem einrichten und der Primaria in Rom mit allen Zuwendungen anschließen wollten. Wir stimmen einer derartigen Bitte wohlwollend zu, dass jene Kongregation „Unbefleckte Empfängnis der hl. Jungfrau. und des hl. Rochus“ zu nennen ist. Wir lassen eine derartige Bezeichnung zuteil werden und schließen sie der Primaria in Rom an und verbinden sie mit allen Privilegien und Vergünstigungen der erstgenannten Primaria, die bisher gewährt wurden und in Zukunft auch zu gewähren sind, wie sie auch anderen Kongregationen zugestanden wurden. Wir bitten im Namen der Allerheiligsten Trinität, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, dass diese Bewilligung sicher und rechtskräftig halten möge, durch die Fürbitte der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria. Zum Zeugnis dafür lassen wir die vorliegende, durch unsere Unterschrift bestätigte Urkunde mit dem Sigel unserer Gemeinschaft sichern.

Gegeben zu Rom am 31. Mai 1661
Goswinus Nickel

 

(*) Der Textauszug wurde für die Lesung von Dr. Zips stilistisch dem heutigen Deutsch angeglichen.


 
 



Immakulata;
von Francisco de Zurbaràn um 1630


 


 
 

Zur Geschichte der Kongregation:
Artikel über die Geschichte der Ital. Kongregation

Eröffnungsansprache Jubiläumsausstellung
Heilige der Italienischen Kongregation
Übersetzung der Bulle von 1661