Kaiserliche Entschließung von 1784:
Kaiser Joseph II. schenkt der Italienischen Kongregation die ehemalige Minoritenkirche


O
riginale Abschrift der
«Kaiserlichen Entschliessung» vom 3. Juni 1784, die „Ehemalige Minoriten Kirche“ der Italienischen Kongregation ‚einzuräumen’:
Mit Dekret vom 3. Juni 1784 übertrug Kaiser Joseph II. die frühere Minoritenkirche auf die „Congregazione Italiana“ in Wien mit dem Hinweis, dass die Katharinenkapelle für die italienische Gemeinde zu klein sei.
(Siehe auch: Link.) Die Minoriten („Conventualen“) waren zu einem früheren Zeitpunkt dieses Jahres in die ehemalige Trinitarier-Kirche auf der Alserstrasse (heute „Pfarre Alser Vorstadt zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit“) übersiedelt.

Nach einem gründlichen Kirchenumbau fand die Eröffnung der restaurierten Minoritenkirche („Maria Schnee“) am Ostersonntag, dem 16. April 1786 statt.
(Siehe auch Links am Ende der Seite.)
Seitdem haben sich die Besitzverhältnisse bis heute nicht mehr verändert.  
(M. Zips)
 


Kaiserliche Entschliessung
vom 3. Juni 1784

Detail:
"So bewilligen seine Majestät das derselben die ehemalige Minoriten Kirche eingeraumet werde"
 


Der Text des Dokuments der Kaiserlichen Entschließung von 1784:

Originaltext:

An dem Vorsteher der Wällschen Nazional
-Kirche Johann Milani
Wien 3 Juny
1784 

Über die von demselben Höchsten orts eingereichte neüerliche Bitte
um beylassung der Kirchen Stüftungen haben Seine Mayst. untern
22 und ps.º 29 elapsi allergnädigst zu entschliessen geruhet, das
dieser Kirche sothane Capitalien samentlich beygelassen werden,
jedoch die Nazion die Einkünfte mit der genauesten Wührtschaft,
und ohne unnöthige Auslagen bey ihrer eigenen haftung zu ver
-
walten, den überschus hingegen zu Ende des Jahrs an den geistl.
Fond zu verrechnen und abzuführen haben solle; und
da diese Nazion aus 7000 Personen hier bestehen solle, mithin
ihre jezige Kapelle zu deren Fassung nicht erklecklich seye,
so bewilligen Seine Mayst. das derselben die Ehemahlige Minori
-
ten Kirche eingeraumet werde, an welcher die jenigen Theile
ruckwärts des Hochaltars hinweg fallen, welche zum gebrauch
der Regierung nöthig befunden worden. Endlich sey die Nazion
dahin anzuweisen, das sie sich diesfalls, die Predigten ausge
-
nohmen nach der allgemein hinaus gegebenen Andachts=ordnung hal-
ten, welche den Sämtlichen Nebenkirchen so nicht zugleich Pfarren
sind, vorgeschrieben worden.

Demselben wird also sothane Entschliessung inzwischen
zur gehörigen Nachricht und Benehmung mit dem Beysaze bekannt
gemacht, das wegen Erfolglassung der abfallenden Interessen von
diesen der Nazional Kirche beygelassenen Capitalien ˜pr 20300f– unter
einem das nöthige eingeleitet werde, derselbe aber sich vorläufig
zu erklären habe, was er an Kirchen Einrichtungs=Stücken an
der überkomenden Minoriten Kirche zu übernehmen und etwa
dafür in gedachter Nazional=Kapelle zurück zu lassen gedencke,
um hiernach den Commissarien des Kirchen Requisiten=Depositorii
den Auftrag machen zu können.

Ex Cons.Reg.inf.Austria              

Wien den 3 Juny 1784              

Joh. Peter Zierlwang Expeditor              

 

Übertragung in modernes Deutsch:

An den
Präfekten der italienischen Nationalkirche Johann Milani
Wien 3 Juni 1784

Bezüglich der neuerlich eingereichten Bitte
um Belassung der Kirchenstiftungen haben Seine Majestät
allergnädigst zu entschließen geruht, dass
sämtliche Kapitalien auch weiterhin im Besitz dieser Kirche verbleiben,
dass aber die Nation alle Einkünfte in Eigenverantwortung und Eigenhaftung
– ohne unnötige Auslagen – zu verwalten habe.
Die Überschüsse sind zu Ende des Jahres an den „Geistlichen Fonds“
zu überweisen.
Da diese Nation 7000 Personen umfassen soll,
weshalb ihre jetzige Kapelle nicht mehr für alle ausreicht,
bewilligt Seine Majestät, dass der „Nazione italiana“ die ehemalige
Minoritenkirche
übergeben werde, wobei jene Teile
hinter dem Hochaltar ausgenommen sind, welche die Regierung beansprucht.
Außerdem hat sich die Nation
zu verpflichten, die allgemeinen Andachtsrichtlinien
– abgesehen von den Predigten – einzuhalten,
die für alle Rektoratskirchen („Nebenkirchen“) gelten,
welche keine Pfarrkirchen sind.

Dem Präfekten wird diese Entschließung
mit der zusätzlichen Bemerkung bekanntgegeben,
dass in Bezug auf die Kapitalien von 20.300 Gulden,
die der Nationalkirche zugesprochen wurden,
alles Nötige veranlasst wird. Dieser wird außerdem aufgefordert bekanntzugeben,
welche Einrichtungsgegenstände er
in die frühere Minoritenkirche zu übernehmen und
welche er in der Kapelle zu belassen gedenkt,
damit den zuständigen Verantwortlichen des Kirchen-Requisitendepots
weitere Anweisungen gegeben werden können. 

Reichsrat Niederösterreichs
Wien, den 3. Juni 1784
Johann Peter Zierlwang
Expeditor
(‚Verantwortlicher für die Abfertigung’)

 
Die Übertragung ins moderne Deutsch wurde von Dr. Manfred Zips verfasst.



Ansuchen der Kongregation an Kaiser Joseph II. um Bewilligung des Programms zur Einweihung der ehemaligen Minoritenkirche zur Italienischen Nationalkirche am 16. April 1786: Link
Bericht über die Festmesse vom 16. April 1786: im Foglietto di Vienna (Link) und in der Wiener Zeitung (Link)
Dankrede des Dr. Ignaz Wurz Anlässlich der Einweihung der Minoritenkirche 1786: Link

Bericht der Einweihung der ehemaligen Minoritenkirche als Italienische Nationalkirche in den Protocolli & Resoluzioni: Link