Die Wiener Minoritenkirche

Lange Nacht der Kirchen 2016
in der Minoritenkirche



Frauen im Banne der Minoritenkirche
- Weibliches Engagement für Gott und die Mitmenschen
Agnes Blannbekin – Christina Rieglerin – Elena Bernhardt


Lesung und
Musik

für die "Lange Nacht der Kirchen" am 10. Juni 2016


Verfasser: Dr. Manfred Zips.

Rezitatoren: Christiane Zips, Dr. Astrid Zips, Rosalinda Borioni,
Erzähler: Mag. Giacomo Borioni, Dr. Manfred Zips.
Gebet: P. Thomas Manalil OFM Conv.

Musik: Mario Eritreo (Piano).
Bildpräsentation: Franz Belina.

Meditationen:

  Antonius von Padua (2009)
 
Giordano da Giano (2009)
 
Jacopone von Todi (2009)
 
Franziskus (2010)
 
Coelestin V. (2011)
 
Westportal (2011)
 
Ludwig von Toulouse (2012)
 
Heilige der Kongregation (2013)
 
Heilige Cäcilie (2014)
 
790 Jahre Minoriten (2014)
  230 Jahre Maria Schnee (2014)
  Klemens M. Hofbauer (2014)
 
Katharinenkapelle (2015)
  390 Jahre It. Kongregation (2015)
 
Frauen im Banne der Minoritenkirche (2016)
 
Eine Liebeserklärung in Stein (2016)
   Franziskus v. Assisi (2018)


 L.N.K. in der Minoritenkirche

 








Minoritenkirche und -Kloster,
Ansicht von Daniel Huber 1774

MUSIK:
J. S. Bach, Arie aus den Goldberg Variationen


1. ERZÄHLER: Bei unseren bisherigen Betrachtungen im Rahmen der „Langen Nacht der Kirchen“ haben wir ein wichtiges Thema noch nicht ausreichend behandelt, nämlich die Bedeutung der Frauen für die Minoritenkirche. Deshalb wollen wir heute dreier Frauen gedenken, die in ganz verschiedenen Epochen eng mit diesem Gotteshaus verbunden waren und deren Zeugnis bis zur Gegenwart nachwirkt. Nicht zufällig setzen wir diese ehrende Rückbesinnung im Jahre 2016 an, in dem die italienische Kongregation – im Sinne alter Tradition - ihren 390. Geburtstag feiert.
Diese drei Frauen gehören ganz verschiedenen Epochen an: Agnes Blannbekin lebte im Mittelalter von ca. 1240 bis 1315, Christina Rieglerins Lebenszeit umfasste die Jahre 1648 bis 1705 – beide wirkten also in einer Periode, als sich das Kloster der Minderbrüder an der Südseite der heutigen Minoritenkirche in Richtung des nunmehrigen Ballhausplatzes erstreckte (Bild 1 und 2). Der Konvent war damals für das religiöse und geistige Leben der Stadt zweifellos von allergrößter Bedeutung, da hier nicht nur wichtige Seelsorger, Theologen und Baumeister, sondern auch große Naturwissenschaftler - wie der berühmte venezianische Kosmograph Br. Vincenzo Coronelli (+ 1718) - beheimatet waren.
Elena Bernhardt wiederum entfaltete ihr segensreiches Tun für das Gotteshaus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, indem sie der italienischen Kongregation – welche seit 1784 für das Wohl der Minoritenkirche verantwortlich ist – als großzügige Gönnerin zur Seite stand.
 

 



Agnes Blannbekin (ca. 1240-1315)

 


Das Wiener Minoritenkloster
Überlagerung der Grundrisszustände
von 1710 und heute

1. REZITATOR: Beginnen wir mit Agnes Blannbekin. Alles, was wir über sie wissen, können wir nur einer einzigen Quelle entnehmen, nämlich der von ihrem minoritischen Beichtvater – er hieß vielleicht Ermenricus - verfassten „Vita et Revelationes“ - zu Deutsch: 'Leben und Offenbarungen'. Nach einer Notiz am Ende dieses Textes aus dem 14. Jahrhundert war Agnes die Tochter eines Bauern, und wenn ihr Name die Herkunftsbezeichnung enthält – was sehr wahrscheinlich ist -, stammte sie aus dem niederösterreichischen Ort Plambach, zirka 20 Kilometer südlich von Sankt Pölten. Da sie später selbständig das Stundengebet verrichten kann, hat sie wohl in ihrer Kindheit lesen und vielleicht auch etwas Latein gelernt. Um häufiger zur Kommunion gehen zu können, begab sie sich mit etwa 16 Jahren nach Wien, in der Absicht, hier als unabhängige Begine ein religiöses Leben zu führen, ohne aber einem Frauenorden beizutreten. Auch einer Beginengemeinschaft, in der Frauen nach Art klösterlicher Religiosen, aber ohne feste Ordensregel lebten, schloss sie sich ganz offensichtlich nicht an. Ihre Bedeutung besteht vor allem darin, faktisch die einzige Mystikerin gewesen zu sein, die aus dem mittelalterlichen Österreich hervorgegangen ist. In ihren Visionen und Empfindungen sprach sie – nach dem Zeugnis des uns überkommenen Textes – viele Hauptthemen der spätmittelalterlichen Frömmigkeit an, wie z.B. Schauungen zur Heilsgeschichte, oft in Verbindung mit dem zeitgenössischen Leben, bildliche Verkörperungen christlicher Glaubenswahrheiten, Jenseitserfahrungen, usw.
Was Agnes Blannbekin für unseren Zusammenhang so wichtig macht, ist der Umstand, dass sie eine Reihe von Visionen mit den Minderbrüdern des Wiener Klosters vom Heiligen Kreuz verknüpfte. Dabei spart sie im Hinblick auf die hier ansässigen Söhne des heiligen Franziskus von Assisi keineswegs mit Lob und Kritik. Die Forschung hat gerade diesen Abschnitten, welche wahrscheinlich die Jahre zwischen 1281 und 1294 betreffen, besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

2. REZITATOR: Die Schrift beginnt mit der vielleicht schönsten Offenbarung der Seherin, nämlich einer kosmischen Gesamtschau der Schöpfung. Von da an werden die Visionen tagebuchartig in einer bunten Abfolge dem Kirchenjahr entsprechend aneinandergereiht. Generell kann gesagt werden, dass in dem recht umfangreichen, 235 Kapitel umfassenden, Buch in Bezug auf den Minoritenorden Themen angesprochen sind, die das Gemeinschaftsleben der Brüder betreffen, aber auch deren seelsorgliche Tätigkeit beleuchten.
So ist im Abschnitt 92 von einem gewissen Frater die Rede, der in einer Predigt den hl. Franziskus allzu prahlerisch empfahl, weshalb er bei den Zuhörenden, aber auch bei den Mitbrüdern Ärgernis erregte. Dieser Beleg ist nicht nur deshalb interessant, weil er – wie in der Forschung betont - die von manchen übertrieben idealisierte Folie der Gründerzeit verdeutlicht, sondern weil er eine Kritik zum Ausdruck bringt, die im Grundsätzlichen bereits Franziskus selbst äußerte: Der frühe minoritische Chronist, Jordan von Giano (um 1195 - nach 1262), berichtet, der Poverello habe die Geschichte des Martyriums jener fünf in Marokko 1220 getöteten Brüder abgelehnt und sogar die Lektüre verboten, weil er darin lobend erwähnt werde; denn - so der Heilige - jeder möge sich nur des eigenen und nicht eines fremden Leidens rühmen.
Das Kapitel 93 der „Revelationes“ thematisiert die Nachlässigkeit und Schlaffheit mancher Brüder bei der Gottsuche, welche der Herr als Beleidigung empfindet, umso mehr, als der Orden in so großer Heiligkeit und Vollkommenheit gegründet wurde. Darauf setzt die Mystikerin zur Verteidigung der Betroffenen an, indem sie bedenkt, dass diese in dauerndem Gotteslob verharren; tatsächlich schränkt die Stimme ihre Kritik auf jene Minoriten ein, die sich als nachlässig beim Gebet erweisen und ihre Zeit lieber mit Scherzen und Tändeleien verbringen.
Das Stück 107 behandelt das Schicksal eines Bruders, welcher der Versuchung des Teufels nicht widerstand und das Kloster verließ. Zwar kehrte er bald wieder zurück, doch durch sein Handeln schadete er dem Ruf des Konvents, weshalb ihm der Herr zürnt - wie die Seherin erfährt. Erst durch ihr Gebet gelingt es, Gott zu besänftigen.
In einer im Kapitel 116 behandelten Vision wird der Minister Provincialis davor gewarnt, Nachlässigkeit hinsichtlich des Regellebens durch Untätigkeit zu ermöglichen oder bei seinen Ermahnungen hochmütig zu erscheinen; vielmehr soll er den Brüdern ein Vorbild beim Chorgebet und bei der Förderung des Ordenslebens sein. Ähnlich wendet sich der Herr an andere Amtsträger der Gemeinschaft und tadelt die verächtlichen Worte des Kustos gegenüber den Brüdern, die Faulheit des Lektors sowie die spöttische Art des Guardian, die Anlass zu rohem Gelächter gibt. Ein anderes Mal sieht die Visionärin nackte Religiosi, welche die Menschen durch ihre leichtsinnige Redeweise und lockeren Scherze in Verwirrung bringen, dabei sei es doch ein größeres Verdienst, einen Sünder durch gutes Beispiel zu bekehren als hundert durch Predigt.
In der Offenbarungsschrift wird aber auch Lob ausgesprochen, zumal der Orden in seiner Gesamtheit Agnes zweifellos als besonders begnadet erscheint. Wie ein Adler in die Lüfte erhoben blickt sie in einer Vision nach Paris, wo sich die Minoriten zum Generalkapitel (vielleicht handelt es sich um das Treffen von 1292) versammelt haben. Da sieht sie, wie die Flamme des Hl. Geistes auf die Brüder herabkommt.
Die hier vorgelegte Auswahl soll durch einen Blick auf die Abschnitte 227 und 228 abgerundet werden, welche die Trauer der Begine um einen verstorbenen Minderbruder und ihre Tröstung auf Grund einer Vision zum Thema haben. Der nach vielem Klagen und Weinen erschöpften Frau erscheint der Verstorbene, erzählt von seiner kurzen Läuterung im lodernden Feuer und seiner nunmehrigen Gemeinschaft mit den Märtyrern und Heiligen. Auf die erstaunte Frage der Seherin, wie er zu einem Gefährten der Märtyrer werden konnte, verweist er auf sein langes Ordensleben und fügt hinzu, dass Gott allen Minderbrüdern wegen der gelobten Armut und ihres geleisteten Gehorsams Würde und Ehre angedeihen lasse.

1. ERZÄHLER: Das Offenbarungsbuch der Agnes Blannbekin fügt sich letztlich in die Tradition der Schriften, Prophezeiungen und Schauungen von so bekannten Frauen wie Hildegard von Bingen, Katharina von Siena, Birgitta von Schweden, Margherita von Cortona und Angela von Foligno, wenn die Österreicherin auch nicht deren Berühmtheit erlangen konnte. Der Herausgeber Peter DINZELBACHER weist darauf hin, dass man die Größe dieser Leistungen nur dann richtig einschätzt, wenn man sie vor dem Hintergrund der allgemeinen Stellung der Frau in einer betont patriarchalischen Kultur betrachtet, wie sie das christliche Mittelalter verkörperte. Wie jene Frauen so hat auch die Wiener Begine durch die Darlegung ihrer Visionen, mit Unterstützung ihres Beichtvaters, zweifellos direkt auf die männlich dominierte Kirche einzuwirken versucht. Mag auch der Erfolg ihrer Kritik an schlechten Priestern und an politisch motivierten Aktionen von Bischof und Papst nicht sehr groß gewesen sein, so erhalten wir doch durch ihr Engagement und durch ihre visionären Beobachtungen einen frühen Einblick in die Lebensverhältnisse des Wiener Minoritenkonvents am Ende des 13. Jahrhunderts.
 


Agnes Blannbekin


Christina Rieglerin (1648-1705)
 


Titelblatt der von P. Plume SJ verfassten Vita
der Christina Rieglerin


Jesuitisches Professhaus und Kirche, Am Hof,
Wien-Plan von Werner Arnold Steinhausen 1710 (Detail),
1625/26-1773 befand sich hier auch die Italienische Kongregation

2. ERZÄHLER: Wenn wir uns jetzt der 2. Persönlichkeit, nämlich Christina Rieglerin zuwenden, machen wir einen zeitlichen Sprung vom 13./14. zum 17./18. Jahrhundert, begeben uns also vom Mittelalter in die Barockzeit. Unsere heutige Kenntnis über diese Frau verdanken wir fast ausschließlich dem Jesuitenpater Germanus Plume, der 1707 in Wien, also zwei Jahre nach dem Tod der von ihm als heiligmäßig verehrten Rieglerin, die Schrift "Die gekrönte Gedult. Das ist Kurtzer Innhalt des Tugendreichen und Wunderbahren Lebens Christinæ Riglerin" (online-Version) verfasste.

1. REZITATOR: Trotz der im Titel seines Buches versprochenen Kürze, behandelt der Autor ausführlich auf 281 Seiten die Lebensgeschichte seiner Heldin von ihrer Geburt bis zu ihrem Hinscheiden. Ihre Heimat ist – ähnlich wie jene der Agnes Blannbekin – St. Pölten, wo sie am Vorabend des Festes der Kreuzfindung, also am 2. Mai 1648, als 'Kreuz-Blume' zur Welt kam; damit weist der Verfasser gleich zu Anfang auf ihren von langer Krankheit gezeichneten Leidensweg hin. Wir erfahren von ihrer Taufe und Firmung, von der harten Schulzeit bei einem unbarmherzigen 'Schul-Meister', der ihr schon früh den Eindruck vermittelte [ZITAT] „zum Leyden gebohren“ zu sein. Aller Bemühungen der Eltern zum Trotz war Christina von frühester Jugend an sehr kränklich. Als junges Mädchen kam sie dann nach Wien, wo ihr tugendhaftes Wesen so manchem Mann gefiel, wiewohl sie aber – trotz des Drucks der Verwandten – keine Anstalten machte, in den Ehestand zu treten. Schließlich legt sie unter der Führung ihres jesuitischen Beichtvaters am Namen Jesu Fest das Gelübde ewiger Keuschheit ab. Als sie darauf - in tiefer Andacht versunken - Bereitschaft bekundet, ihr Leben ganz dem Leiden Jesu Christi darbringen zu wollen, wie es schon die mittelalterlichen Mystikerinnen immer wieder getan hatten, erfährt sie in einer göttlichen Vision, dass es ihr bestimmt sei, 25 Jahre Krankheit und Schmerzen zu ertragen; und Christina nimmt diese Prophezeiung als himmlische Gabe demütig an. Ausführlich beschreibt nun Plume die Leidenszeit seiner Heldin, die vom Jahre 1680 bis zu ihrem Tode 1705 andauerte. Als sie schließlich das Bett nicht mehr verlassen kann, widmet sie sich nur mehr dem Gebet und der Betrachtung der Tugenden, der Gebote Gottes sowie der letzten Dinge Tod, Gericht, Verdammnis und himmlische Glorie.

2. REZITATOR: Bald sprach es sich in Wien herum, dass das Gebet der Rieglerin – wie der Verfasser versichert - „Wunder-Krafft“ besitze und Krankenheilungen bewirke. Vielfältig sind die Fälle, in denen sie durch Anteilnahme für Menschen in Not Gottes Hilfe erflehte. Der Autor unserer Schrift nennt mehrere Personen, die der festen Überzeugung waren, ihnen habe das Gebet der Jungfrau entscheidend in Krankheit und scheinbar ausweglosen Situationen geholfen. Im 16. Kapitel des Buches kommt Germanus Plume auch auf die Türkenbelagerung von 1683 zu sprechen und gedenkt des heldenhaften Kampfes der Wiener Bürger sowie des christlichen Entsatzheeres. Damals wurde zwar in allen Kirchen und Klöstern die Barmherzigkeit Gottes angerufen, doch für den Verfasser steht es fest, 'dass ein Gutteil des glorwürdigen Siegs und der Errettung der Hauptstadt Wien dem andächtigen Gebet und den großen Verdiensten unserer Wiener Mitbürgerin Christina zu verdanken' sei (S.156). Dabei beruft sich der Autor auf den Jesuitenpater Adamus aus dem Geschlecht der Barone von Oed, den damaligen Beichtvater Christinas, aus dem Professhaus Am Hof, welcher dem Gebet und der Andacht der Rieglerin größte Bedeutung beimaß. Aus diesem Grunde ersuchte auch Kardinal Leopold Karl von Kollonitsch um ihre Fürsprache vor Gott zur Errettung der bedrängten Stadt. In tiefster Demut und Bescheidenheit sagte die Jungfrau ihre Bereitschaft zu, den Herrn um Seine Hilfe anzuflehen, wodurch sie für Wien zur 'anderen Judith' geworden sei, [ZITAT] „die durch ihr heiliges Gebett unsere Feinde zu Schanden gemacht und dise Stadt von dem Untergang befreuet“ (S. 158).

1. REZITATOR: In der Folge wurde Christina Riegler von immer mehr Menschen aufgesucht, die von ihr Trost und Hilfe erwarteten, und tatsächlich ging niemand, der sie um Beistand bat, ungestärkt fort; ihre Worte hatten nämlich – wie der Biograph versichert – eine übernatürliche Kraft. Auch stand sie vielen Notleidenden – trotz sehr beschränkter finanzieller Möglichkeiten - mit Almosen bei. Diese Hinwendung zu den Menschen fiel ihr nicht leicht, denn sie hätte am liebsten einsam und beschaulich gelebt; doch als ihr Beichtvater das heilsame Wirken erkannte, das von ihr ausströmte, riet er dringend davon ab, sich ihren Zeitgenossen zu entziehen. Trotz der Bereitschaft den priesterlichen Rat zu befolgen, war und blieb es aber immer ihr Hauptanliegen, der Leiden 'ihres gekreuzigten Heilands' zu gedenken. Daraus erwuchs auch die Liebe zum hl. Franz von Assisi, und wie diesem wird ihr – was sie aber nur dem Autor dieser Schrift in aller Heimlichkeit gestand - im Jahre 1695 eine Stigmatisierung zuteil. Damit habe auch die Stadt Wien – so stellt Plume freudig fest – eine Bürgerin, die mit dem Apostel Paulus sagen konnte, sie trage die Leidenszeichen des Herrn an ihrem Leib (S. 196). Die große Bewunderung, die man ihr zollte und die auch von Kaiser Leopold I. mitgetragen wurde, stand – so stellt der Biograph fest - im krassen Gegensatz zu den Lebensumständen Christinas: Sie war nicht adeliger Herkunft, arbeitete vielmehr einige Zeit als Dienstmagd, sie hatte keine höhere Schulbildung und lag 25 Jahre bettlägerig eingeschlossen in einer finsteren Kammer. Die ihr entgegengebrachte Verehrung sei das größte Wunder – so der Jesuit – das Gott an jener Frau wirkte.
 

Christina Rieglerin



















(Graphik von R. Perger und W. Brauneis 1977)



Ansicht des Minoritenklosters von 1683;
Detail aus der Ansicht von Daniel Suttinger


Das Kreuz der Wiener Minoritenkirche,
genannt "Wimpassinger Kreuz" (Info)

 


Plan der Grüfte unter der Kirche nach Architekt Giacomelli:
1: Hoyos-Gruft  2: Gruft der Fam. Rödl  3: Rappach-Gruft
4: Gruft der Bruderschaft der Heiligen Franziskus und Antonius
5: Gruft der Bruderschaft des Hl. Kreuzes


Detail: heutige Antoniuskapelle und Hochaltar
Gruft der Familie Hoyos (1) und Gruft der Familie Rödl (2)
 


Skizze der Hoyos-Gruft von Architekt Giacomelli,
Zustand nach Säuberung der Gruft und Umlegung der Gebeine der Mitglieder der Familie Hoyos in zwei neue Metallsärge

- Im Grundriss ist rechst von der Stiege
der Kupfersarg der C. Rieglerin dargestellt

2. REZITATOR: In der Stunde ihres Todes stand ihr Pater Ägidius aus der Gemeinschaft der Konventualen, also des Minoritenklosters vom Hl. Kreuz, zur Seite, und Christina wollte auch als Mitglied der Bruderschaft des heiligen Franziskus von Assisi im Gotteshaus der Wiener Minderbrüder bestattet werden; denn sie verehrte den seraphischen Ordensgründer mit besonderem Eifer und liebte das Kreuz Christi inbrünstig. Damit konnte sie – so Germanus Plume - nach dem Tode unter dem Kreuz ihres Heilands und Erlösers ruhen [ZITAT] „an welchen sie die ganze Zeit ihres Lebens angebunden gelitten und gelebt hatte“ (S. 281).
Aber auch nach dem Tode der Christina Rieglerin blieb das Gedächtnis an diese heiligmäßige Frau und ihre Beziehung zur Minoritenkirche lebendig. Ausführlicheres über sie steht unter Berufung auf den Jesuitenpater Germanus Plume in der lateinischen Festschrift zum 500jährigen Bestehen des Minoritenordens in Wien vom Jahre 1724. In dieser Schrift wird im Zusammenhang mit den Grabstätten des Gotteshauses auf S. 77 festgehalten, dass die Verstorbene in der Gruft der Bruderschaft vom Hl. Kreuz bestattet worden war. Don Giovanni Salvadori, der langjährige Rektor der italienischen Kongregation, hat sodann das Wissen von Christina Rieglerin in seinem wichtigen Buch über die Wiener Minoritenkirche von 1894 dem 20. Jahrhundert übermittelt. Er erzählt von der großen Anteilnahme des Volkes, unter der die vielfach verehrte Frau in dem Gotteshaus zum Heiligen Kreuz bestattet wurde und von ihrer Umbettung nach drei Jahren, also 1708, in einen Kupfersarg, versehen mit drei Siegeln. „Bei dieser Übertragung fand man den Körper vertrocknet, aber ohne Haut und die Hände unverwest“ (Salvadori, S. 200). Abschließend berichtet Salvadori, der verschlossene Kupfersarg sei im Jahre 1786 – anlässlich der Renovierung des Kircheninneren – in die Gruft der freiherrl. Familie Hoyos übertragen worden.

1. REZITATOR: Im Zusammenhang mit der Installierung einer neuen Heizleitung in der Kirche stieß man nun 1901 auf einige Grüfte des Gotteshauses, was in der heimischen Presse großes Interesse fand und in den Tagen vom 25. September bis 10. November 1901 mehrfach kommentiert wurde. Zwei Zeitungsmeldungen sind für unseren Zusammenhang von besonderer Bedeutung: Die Nachricht im Deutschen Volksblatt vom 26.9.1901 und ein Artikel im Neuigkeits-Welt-Blatt vom 10.11.1901. Im erstgenannten Organ wird über die Öffnung der seinerzeitigen Doppelgruft der Bruderschaft vom Hl. Kreuz in Anwesenheit des Bürgermeisters Dr. Lueger und anderer wichtiger Vertreter der Stadtverwaltung unter der Führung des Präfekten der Kongregation Hofrat Verdin berichtet. Dazu bemerkt der Verfasser, dass in diesem Grabmal auch die Jungfrau Christine Rieglerin bestattet war, die im Rufe der Heiligkeit im Oktober 1705 verstarb und mit großer Anteilnahme des Volkes in der Minoritenkirche ihre letzte Ruhestätte fand. Der Kolumnist weiß auch – unter Berufung auf Salvadori - von der erwähnten Umbettung des Leichnams (1708) und von der schlussendlichen Beisetzung der Toten in der Hoyos-Gruft (1786). Das Neuigkeits-Welt-Blatt berichtet demgegenüber von der Eröffnung der Hoyosschen Familiengruft in der Minoritenkirche vom 10. November 1901 in Anwesenheit des Statthalters von Wien sowie weiterer Stadt- und Gemeinderäte, eines Vertreters des Episkopats sowie des Grafen Hoyos-Sprinzenstein. In dieser Gruft, die sich in der heutigen Antoniuskapelle der Minoritenkirche befindet und auf dessen Grabstein (Bild) auch der Name der Christine Rieglerin verzeichnet ist, fand man bei der Beschauung von 1901 den bestens erhaltenen Kupfersarg, versehen mit den drei Siegeln, die 1786 angebracht worden waren. Auch dieser Redakteur berichtet von der großen Verehrung, die der Toten seinerzeit in Wien entgegengebracht wurde und betont, dass sie eine Persönlichkeit war, die im Rufe der Heiligkeit stand. Der Sarg blieb – wie der Autor feststellt – 1901 verschlossen. Bemerkenswert ist der Umstand, dass der Architekt Giacomelli von Monterosso, selbst Mitglied der italienischen Kongregation, anlässlich der Begehung der Hoyosschen Familiengruft eine detaillierte Skizze des Grabmals entworfen hat, die sich nun in unserem Archiv befindet. 
Der schon erwähnte Vereinspräfekt Dr. Anton Verdin von Valsilvella gab gemeinsam mit Giacomelli von Monterosso 1909 eine Schrift zur 'Minoritenkirche Einst und Jetzt' heraus, in der sie die Geschehnisse um die Freilegung der Grüfte zusammenfassten. Auch sie berichten, dass der versiegelte Kupfersarg der Christine Rieglerin unberührt geblieben sei. Als wichtige Zeugen der Aufdeckung jener Grabmäler fertigten sie einen Plan der Grüfte an, den sie in ihre Publikation aufnahmen; daraus ist die genaue Position der Grablege der Bruderschaft des hl. Kreuzes und der Familie Hoyos ersichtlich.
 

 

 

 

 

 

 


Detail: Bereich des Westportals
Gruft der Bruderschaft d. Hl. Franziskus u. Antonius (4)
und Gruft der Bruderschaft des Hl. Kreuzes (5)
- Hier war C. Rieglerin ursprünglich bestattet


Tafel der Familie Hoyos zur Errichtung des Altares zu Ehren der Heiligen Ludwig und Johannes d. Täufer


Ursprünglicher Verschluss-Stein der Gruft,
heute unterirdisch gelegen,
Skizze von Architekt Giacomelli


Bodenplatte in der Antoniuskapelle
mit Hinweis auf die Hoyos-Gruft
und die Beisetzung der Christina Rieglerin



 

2. REZITATOR: Doch kehren wir nochmals kurz zum Leben der Christina Rieglerin zurück. Was uns heute zweifellos den Zugang zu ihrer Gefühls- und Empfindungswelt erschwert, ist der Umstand, dass sowohl sie wie ihr Biograph in vieler Hinsicht dem Denken der mittelalterlichen Mystik verpflichtet sind. Zwei Elemente sollen in diesem Zusammenhang herausgehoben werden, nämlich einerseits eine Grundhaltung vor allem innerhalb der von Frauen dominierten Beginen- und Begardenbewegung, dass die Seele Braut Jesu Christi sei, was den weiblichen Mitgliedern eine besondere Identifikation ermöglichte, und andrerseits die schon im Neuen Testament verankerte Vorstellung, dass das Leiden und Sterben des Herrn für uns vorbildhafte Bedeutung habe. Seine Bereitschaft, das eigene Leben hinzugeben, ist für die Mystiker Ausdruck der unermesslichen Liebe des Erlösers gegenüber dem sündigen Menschengeschlecht; deshalb sei es dem Christen angemessen – so der Franziskaner David von Augsburg (gest. 1272) -, wie Simeon von Cyrene das Kreuz des Erlösers zu tragen und geduldig den Kreuzweg des Lebens zu gehen. Aus dieser Überzeugung erklärt sich auch die intensive Verehrung der fünf Wunden Christi sowie die immer wiederkehrende Bezugnahme innerhalb der mystischen Tradition auf die Stigmatisation. Ausgehend von dem Bericht über die Wundmale, welche Franziskus von Assisi auf dem Berg La Verna empfangen hat, wird bald danach von mehreren Mystikerinnen erzählt, dass auch sie die Leidenszeichen des Gekreuzigten an sich wahrgenommen hätten. Eine der neuesten Monographien zu diesem Thema dokumentiert nicht weniger als sechs Frauen des Mittelalters, die von äußerlichen oder innerlichen Einprägungen der Wunden Christi betroffen gewesen seien. Im Gefolge dieser Tradition stehen auch Christine Rieglerin und ihr Biograph Germanus Plume, der aber von seiner Heldin den strengen Auftrag erhielt, vor ihrem Ableben keinem Menschen von dieser göttlichen Auszeichnung Kunde zu geben.

MUSIK:
F. Chopin, Ausgewählte Preludes aus op. 28

 


 


Detail aus dem Verzeichnis der weibl. Mitglieder von 1930
mit der Nennung von Elena Bernhard
(Gesamtbild)


Architekt Zotti referiert
über sein Gespräch
mit E. Bernhard


Ernennung E. Bernhards
zum Ehrenmitglied
am 19.09.1915


Verzeichnis der Ehrenmitglieder
der Ital. Kongregation
im  Jahre 1916

1. ERZÄHLER: Die Bedeutung der drittgenannten weiblichen Persönlichkeit Elena Bernhardt dokumentiert sich aus der Tatsache, in einer allgemein äußerst schwierigen Zeit, nämlich der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Wohltäterin der Minoritenkirche sowie der italienischen Kongregation gewirkt zu haben; jener Umstand rechtfertigt es zweifellos, sie in diesem Zusammenhang zu würdigen und ihr Andenken zu bewahren. Wie schon mehrfach erwähnt, war die Minoritenkirche durch ein Dekret Kaiser Josephs II. im Jahre 1784 der italienischen Gemeinschaft in Wien übergeben worden, und 1929 gelang es auch dem Notar und langjährigen Führungsmitglied der Vereinigung Vittorio Coglievina, diese Besitzverhältnisse bis zur Gegenwart juristisch gültig festschreiben zu lassen. Leider berichten die einschlägigen Archivalien nicht wirklich viel über jene Signora Bernhardt, wie sie zumeist genannt wird. Sie erscheint in der Mitgliederliste des Vereins vom Jahr 1930, und der dortigen Erwähnung können wir entnehmen, dass sie im 7. Wiener Gemeindebezirk, Kaiserstraße 71, wohnte (Bild).
Zum richtigen Verständnis der damaligen Situation muss man bedenken, dass die Frauen vor der Statutenänderung von 1935 innerhalb der Gemeinschaft keinerlei Wahlrecht ausüben konnten und dass auch späterhin die Leitung des Vereins ausschließlich in den Händen von Männern lag. Umso eindrucksvoller ist der ohne Zweifel religiös motivierte Einsatz Elena Bernhardts für die Minoritenkirche und die Kongregation in den Jahren um 1915.

3. REZITATOR: Das erste Mal begegnet uns die Wohltäterin in den Vereinsdokumenten des Ausschusses („Delegazione“) vom 30.4.1915, als der damalige Präfekt Vincenzo Vinciguerra die äußerst großzügige Schenkung der Signora Bernhardt zur Restaurierung des Hochaltars hervorhob, nachdem in der vorangegangenen Vollversammlung vom 6.4. 1915 auf die Baufälligkeit dieses Kunstwerks hingewiesen worden war. In der Folge wurde die Spenderin auch – wie dem Protokoll des Ausschusses vom 2.Juli 1915 zu entnehmen ist - in die Restaurierungsbesprechungen mit dem Kustos Architekt Zotti sowie dem schon erwähnten Architekten Giacomelli, welcher wesentlichen Anteil am Umbau der Minoritenkirche um 1900 hatte, eingebunden.
Noch im selben Jahr übergab die Signora Bernhardt, verteilt auf drei Tranchen, weitere 10.750 Kronen für Erneuerungsarbeiten in der Kirche, was darauf in der Vollversammlung vom 22.10.1915 vom Präfekten Vinciguerra nachdrücklich betont wurde. Und dann geschah etwas sehr Bemerkenswertes: Vinciguerra richtete am 19. September 1915 ein Schreiben an die Verwaltungsräte und Ausschussmitglieder mit dem Vorschlag, jene bedeutende Wohltäterin der Vereinigung für ihre großartige finanzielle Unterstützung zum Wohle des Gotteshauses als Zeichen herzlicher Dankbarkeit zum Ehrenmitglied der Kongregation zu ernennen (Bild). Tatsächlich finden wir ihren Namen im Vereinsverzeichnis des Jahres 1916 als „Socio onorario“ (Bild) neben dem vormaligen Präfekten Verdin di Valsilvella, in dessen Amtszeit die letzte große Veränderung der Minoritenkirche um die Jahrhundertwende fiel und der rückblickend als einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Vereinigung zu gelten hat. Elena Bernhardt ist somit die erste Frau, welche die Ehrenmitgliedschaft der italienischen Kongregation erlangen konnte.
Welches Vertrauen man innerhalb der Gemeinschaft in das christlich-religiöse Engagement seines neuen Ehrenmitglieds hatte, äußerte sich in der Vollversammlung vom 4. November 1916. In diesem Gremium betonte man zwar den momentanen Abschluss der Restaurierungsarbeiten im Gotteshaus, brachte aber gleichzeitig die Bitte zum Ausdruck, die Signora Bernhardt möge – auf Grund ihrer gläubigen Haltung – auch zukünftig der italienischen Nationalkirche als Spenderin zur Verfügung stehen. Und wirklich wurde schon wenige Tage danach, nämlich am 8.11. desselben Jahres, der „Direttore Spirituale“, also der Rektor der italienischen Nationalkirche Mons. Pallua, beauftragt, sie um eine Gabe für eine neue Weihnachtskrippe zu bitten. Zwar geht aus den Unterlagen nicht klar hervor, ob dieses Ansuchen erfolgreich war, doch mit Sicherheit trat das Ehrenmitglied der Kongregation als Wohltäterin noch einmal in Erscheinung: Im Protokoll zur Vollversammlung vom 28. Mai 1918 wird erwähnt, dass [Zitat] 'unsere Wohltäterin, die Signora Bernhardt,' neues Kirchengerät zur Verfügung gestellt hat.
 

Elena Bernhardt
 


 

2. ERZÄHLER: Am Ende dieser Betrachtung wollen wir uns fragen, welche Spuren diese drei Frauen im gesellschaftlichen Rahmen ihrer Zeit hinterlassen haben.
Bei Agnes Blannbekin müssen wir natürlich davon ausgehen, dass die „Vita et Revelationes“ in erster Linie eine Offenbarungsschrift mit biographischen Elementen ist. Aber dennoch enthalten die symbolischen Schauungen nicht selten auch wichtige gesellschaftskritische Elemente über den Heilszustand einzelner Menschen oder Stände, ja der Menschheit überhaupt. So kommt die Seherin etwa – wie schon gesagt - auf unwürdige Vertreter der kirchlichen Hierarchie zu sprechen, und beschäftigt sich besonders nachhaltig mit den Franziskanern des Wiener Konventes. Jene Stellungnahmen verstehen sich natürlich nicht als persönliche Anmaßungen, sondern als Ausdruck einer göttlichen Stimme. Von diesem Umstand war nicht nur der minoritische Verfasser der Schrift überzeugt, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auch mancher Bruder des Wiener Konvents, denn sonst hätte der Autor wohl kaum seinen Text über Jahre fortgeführt. Dazu kommt eine relativ breite Rezeption der lateinischen Schrift, sogar eine mittelhochdeutsche Version scheint es gegeben zu haben. Offensichtlich blieben die Visionen nicht ohne einen gewissen Einfluss auf die Zeitgenossen der Wiener Begine.

1. ERZÄHLER: Demgegenüber steht die von Christina Rieglerin ausgeübte Wirkung – wie wir gesehen haben – außer Zweifel. Zahlreich sind die Erinnerungen bis ins 20. Jahrhundert an ihre heilsame Kraft. Obwohl der kranken Frau die Hinwendung zu den Menschen nicht leicht fiel, beherzigte sie den Rat ihres Beichtvaters, stets auf die Nöte der Anderen zu achten. Ihre Verknüpfung mit der Wiener Minoritenkirche beruhte auf ihrer intensiven Kreuzverehrung (Bild 15) und der damit verbundenen Hinneigung zu Franziskus von Assisi (Bild 16). Das dankbare Gedächtnis der Wiener Bevölkerung wiederum führte zur Umbettung der Verstorbenen in einen Kupfersarg sowie zu ihrer schlussendlichen Bestattung in der Familiengruft des ursprünglich aus Spanien stammenden, am habsburgischen Hofe höchst angesehenen, Geschlechts der Hoyos.
Das Gedenken an Elena Bernhardt rechtfertigt sich wiederum durch ihre selbstlose Hilfsbereitschaft zum Wohle der Minoritenkirche und der italienischen Kongregation in den politisch wie finanziell schwierigen Jahren des ersten Weltkriegs. Vielleicht betrachtet man zukünftig den Hochaltar unseres Gotteshauses in Erinnerung an sie mit etwas anderen Augen (Bild 17). Mag auch heute, zu einem Zeitpunkt, wo die italienische Kongregation seit dem Jahre 2009 von einer Frau höchst erfolgreich geführt wird, die Ernennung von Elena Bernhardt zum ersten weiblichen Ehrenmitglied nicht besonders außergewöhnlich erscheinen, so war doch dieser Umstand in der damaligen Situation sehr bemerkenswert.
Nach all dem Gesagten darf festgehalten werden, dass Frauen in der Minoritenkirche nicht nur als Mäzene zur Verherrlichung der eigenen Familie in Erscheinung traten, sondern auch ihre Hilfsbereitschaft gegenüber den Zeitgenossen in den Dienst unseres Gotteshauses und seiner Verantwortlichen stellten.

MUSIK:
F. Schubert, Ausgewählte Walzer

P. THOMAS: Beenden wir unsere Betrachtungen über jene der Minoritenkirche so eng verbundenen Frauen mit dem wahrscheinlich berühmtesten Gebet des hl. Franziskus von Assisi, welches er im Jahre 1224 verfasste, nachdem er auf dem Berg La Verna – wie Bruder Leo schreibt – von der Hand des Herrn berührt worden war, nämlich mit dem Lobpreis Gottes, den Laudes Dei altissimi

Du bist der heilige Herr, der alleinige Gott, der du Wunderwerke vollbringst.
Du bist der Starke.
Du bist der Große.
Du bist der Erhabenste.
Du bist der allmächtige König, du heiliger Vater,
König des Himmels und der Erde.
Du bist der dreifaltige und eine Herr, der Gott aller Götter.
Du bist das Gute, jegliches Gut, das höchste Gut, der Herr, der lebendige und wahre Gott.
Du bist die Liebe, die Caritas.
Du bist die Weisheit.
Du bist die Demut.
Du bist die Geduld.
Du bist die Schönheit.
Du bist die Milde.
Du bist die Sicherheit.
Du bist die Ruhe.
Du bist die Freude.
Du bist unsere Hoffnung und Fröhlichkeit.
Du bist die Gerechtigkeit.
Du bist das Maßhalten.
Du bist all unser Reichtum zur Genüge.
Du bist die Anmut.
Du bist die Barmherzigkeit.
Du bist der Beschützer.
Du bist unser Wächter und Verteidiger.
Du bist die Stärke.
Du bist die Erquickung.
Du bist unsere Hoffnung.
Du bist unser Glaube.
Du bist unsere Liebe.
Du bist unsere ganze Wonne.
Du bist unser ewiges Leben: Großer und wunderbarer Herr, allmächtiger Gott, barmherziger Retter.

 

MUSIK:
S. Rachmaninow, Prelude op. 32 Nr. 5


 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Ende der Betrachtung konnte der
von Dr. Manfred Zips verfasste
historisch-kunstgeschichtliche Führer
der Minoritenkirche erworben werden